August 2008 - Juli 2009

Montag, 20. Oktober 2008

#28

ERSTER TAG BEI LA PRESSE

Es fing damit an, dass klein Fia mal wieder nicht in der großen, großen Stadt klar kommt. Wobei doch am Abend vorher alles feinsäuberlich im Internet zusammengesucht wurde (Bus, Métro, Stadtplan), hab ich mich heute doch verfahren. Anstatt in die Ligne Orange, bin ich in die Ligne Vert eingestiegen. Da ist es schon für Analphabeten so einfach gemacht, dass die Linien Farben haben, aber das macht mir ja nichts, ich steig trotzdem in die falsche "Farbe" ein. Zu meinem Glück fuhr diese Métro dann aber die gleiche Strecke, nur ein paar Straßen weiter oben, so dass ich nur ein bisschen die Straße runter laufen musste und an meinem Ziel war: LaPresse. Dort nahm mich der nette Herr am Empfang entgegen und erklärte mir den Weg zu Alain Roberge, dem Oberguru in Sachen Fotografie bei LaPresse. Der hat dann am Lift auf mich gewartet und mich wieder zu einem anderen Fotografen gebracht, dessen Namen ich mir nicht merken konnte.. Was nuscheln die hier auch alle so? Wie dem auch sei, ich bin dann mit Monsieur X mit. Ab ins Auto und los auf Bilderjagd. Monsieur X ist nämlich so eine Art Paparazzo. Er hört mit einem Walkie Talkie alle möglichen Sender der Polizei, der Feuerwehr und so weiter ab und hofft auf ein "incredible incident". Zwei Stunden haben wir mit Warten verbracht, aber dann ging alles ratzfatz. In Longueuil (Teil von Montréal) war ein Unfall passiert, ein großer angeblich. Wir also hin da. Kaum angekommen hetzen wir schon, er bepackt mit sämtlichen Objektiven und zwei Kameras, ich mich ein bisschen im Hintergrund haltend, in Richtung "incredible incident". Ich darf nicht ganz ran, zu gefählich sag Monsieur X. Nach etwa 10 Minuten ist er fertig, kommt wieder und sagt: "If we were 2 minutes earlier, we had have an incredible shot." Ich glaube, "incredible" ist eines seiner Lieblingswörter, genauso wie "FUCK FUCK FUCK", das hat er die ganze Zeit im Auto auf dem Weg zum "incredible incident" geflucht, weil die Autos vor uns so langsam gefahren sind.

Teil zwei meines Tages gestalte sich so: Ich wurde von Monsieur X an einen anderen Fotografen übergeben, dabei war noch eine Journalistin. Zusammen sind wir dann aufs Land gefahren, um dort ein Interview mit einem Maisbauern zu machen. Im großen und ganzen ging es um die rapide steigenden Maiskosten und wie sich das erstens auf ihn, den Farmer, und zweitens auf die Kunden auswirkt. Besonders viel habe ich vom Interview nicht mitbekommen, weil ich mit Fotografieren beschäftigt war. Monsieur Y (ja, auch seinen Namen konnte ich mir nicht merken) ist die ganze Zeit wie von der Tarantel gestochen umhergerannt und hat ebenfalls versucht "incredible shots" zu machen. Ich hab mir gar nicht erst die Mühe gemacht, ihm hinterher zu rennen, hätte eh nichts genützt, womöglich wäre ich ihm sowieso nur im Bild herum gelaufen. Also hab ich mich selbstständig auf die Suche nach "incredible shots" gemacht. Nach einer Weile, Monsieur Y befand sich gerade auf Vordach des kleinen Farmhauses, fragt er mich, ob ich nicht auch nach oben kommen möchte. Klar! Ich also meine sieben Sachen inklusive mir selbst nach oben gerafft und erstmal gestaunt. Was 2 Meter doch so ausmachen. Vom Blickfeld her, so. Weiter Bilder machen. Klick klick klick, ratter, Objektiv verstellen, ratter, klick klick klick. Monsieur Y bietet mir eines seiner dicken Teleobjektive an. Immer her damit! Ich also mit meiner Knirpskamera + Riesenoschie aka Teleobjektiv weiter am Fotografieren. Verdammt, ist das schwer. Nach gerade mal geschätzten 5 Minuten tun mir meine Arme schon weh. Durchhalten, einfach weitermachen. Monsieur Y erlöst mich dann, weil er sein Objektiv wieder braucht. Nach unserer Knipspartie gucken wir uns die Bilder des anderen an. Monsieur Y gib sogar manchmal ein leises "This is brilliant", oder "Excellent shot, Fia", von sich. Man braucht sich wohl gar nicht erst zu denken, wie stolz ich war. Sogar mehr als Oskar. Es geht wieder vom Dach runter, noch ein paar Bilder unten schießen, dann sind wir auch schon fast fertig. Jetzt fehlt nur noch ein Bild des Farmers auf seinem Maisfeld. Voilà. Wieder rein ins Auto, zurück nach Montréal. Zum Abschluss gibt es noch ein Stückchen Zartbitterschokolade für alle und dann ist mein Tag auch schon zu Ende. Ich hab immer noch Muskelkarter, so ein bisschen.



















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